Stiftungsinfo Juni 2019

Kompetenz-zentrum Stiftungen

01.07.2019

301 Stiftungen wurden im 2018 in der Schweiz neu errichtet. Gemäss Stiftungsreport 2019 ist dies der tiefste Wert seit vielen Jahren. 2018 wurden zudem 195 Stiftungen liquidiert. Im Kanton Bern halten sich Errichtungen und Liquidationen (je 16) die Waage. Trotz tiefem Wert von neuen Stiftungen und Liquidationen befindet sich das Stiftungswesen in den letzten Jahren im Aufschwung, insbesondere in qualitativer Hinsicht.

Bei den Neuerrichtungen ist folgendes festzustellen:

  • Ein Grossteil der neuen Stiftungen ist schweizweit oder global tätig, was die Unterstellung unter die Eidgenössische Stiftungsaufsicht mit sich bringt.
  • Bei den Themen dominieren nach wie vor Bildung und Forschung (29%), Sozialwesen (21%), Kultur und Freizeit (20%) sowie Umwelt (12%).

Auch wir werden häufig mit dem Wunsch, eine eigene Stiftung zu errichten, angegangen. Wie bei jeder Gründung, ob AG, GmbH, Verein oder Stiftung, kann die Nachhaltigkeit einer Organisation bereits vor der Gründung stark beeinflusst werden. Gründen ist das eine, erfolgreiches Betreiben einer Organisation das andere. Es ist deshalb wichtig, bereits bei den Vorarbeiten zur Errichtung die eine oder andere zusätzliche Frage zu stellen: Was sind unsere Ziele? Fördern wir Aktivitäten? Entwickeln oder führen wir eigene Projekte? Welche Wirkung beabsichtigen wir? Wie messen wir die Wirkung? Wie sind wir organsiert? Wie finanzieren wir die Tätigkeit?

Nachhaltiges Stiftungskonzept

Um eine Stiftung zu errichten, sind einige Vorarbeiten notwendig. Die Errichtung beim Notar ist lediglich der formelle Akt. Vorgängig sollten die potenziellen Stifterinnen und Stifter das angestrebte Ziel klar definieren. Dabei wird ein schrittweises Vorgehen empfohlen. Mit Hilfe von verschiedenen nachfolgend beispielhaft aufgelisteten Fragestellungen können das Konzept und die Strategie entwickelt werden.

Phase 1: Strategie und Ziele

  • Was wollen wir in fünf Jahren erreicht haben?
  • Was sind unsere Leistungen? Was bewirken diese Leistungen bei welchen Zielgruppen?
  • Gibt es bereits Organisationen mit ähnlichem oder gar gleichem Zweck? Sind Kooperationen möglich?

Phase 2: Konzept

  • Wie finanzieren wir die Projekte? Wie können einzelne Projekte aussehen?
  • Welche Organisationsform (Stiftung, Dachstiftung, Verein, …) ist dem Zweck dienlich?
  • Welche Funktionen und Personen sind in der Umsetzung involviert?

Phase 3: Umsetzung

  • Was sind die steuerlichen und rechtlichen Auswirkungen beim Einbringen von Vermögen in eine Stiftung oder eine andere Organisationsform?
  • Welche Kommunikationsmassnahmen sind für die Zielerreichung notwendig?
  • Was sind die konkreten nächsten Schritte?

Michel Kratochvil, Gründer der Berner Nachwuchs Stiftung

 

Was war Ihr erster Schritt auf dem Weg zur Lancierung der Berner Nachwuchs Stiftung?

Der erste Schritt war die Rekrutierung der Stiftungsräte. Dies war gleichzeitig ein Test, ob die Idee überhaupt Gefallen findet und ob Personen aus meinem Netzwerk bereit sind, sich zu investieren. Mein engeres Umfeld und meine Freunde hatte ich noch nie in ein solches soziales Projekt eingebunden. Umso mehr hat es mich gefreut, viele positive Feedbacks zu erhalten. Dies hat mich in meiner Idee bestätigt und mich persönlich motiviert weiterzumachen.

Warum haben Sie sich für diesen Weg entschieden?

Als Spitzensportler war ich in der gleichen Situation: ich war auf Sponsoren angewiesen. Meine Eltern haben mich in meinem Traumberuf stets unterstützt, und ich hatte das Glück, auf einer Tennisanlage aufzuwachsen. Ohne diese Faktoren hätte ich keine Tenniskarriere starten können und wäre nie die Nummer 35 der Welt geworden. Die Ausbildung zum Spitzensportler kostet bereits früh sehr viel. Die finanzielle Unterstützung vom nationalen und regionalen Tennisverband fällt kaum ins Gewicht. Wegen der fehlenden Mittel müssen viele Talente auf eine Tennisausbildung verzichten. Aus diesem Grund haben wir die Berner Nachwuchs Stiftung ins Leben gerufen, eine Stiftung für auf finanzielle Unterstützung angewiesene Berner Talente, egal in welcher Gemeinde und bei welchem Trainer sie trainieren.

Was macht Ihre Stiftung und welche Pläne haben Sie damit?

Die Stiftung wurde erst am 28. Mai 2019 ins Handelsregister eingetragen. Die Vorbereitungen wie Konzept, Kommunikationsmittel und rechtliche Beratung sind abgeschlossen. Alle Beteiligten haben ehrenamtlich gearbeitet. Dafür bin ich sehr dankbar. 100% der Mittel werden in die Kinder im Alter von 10 bis 18 Jahren investiert. Jetzt ist es an der Zeit, die Stiftung bekannt zu machen. Wir möchten viele Gönner und Partner für unsere Stiftung begeistern. Dies ist die Hauptaufgabe der Stiftungsräte und meiner Person. Jetzt kommt also richtig Bewegung rein. Und Bewegung, mit dem Tennisschläger, ist ja auch das Ziel.

Andreas Wieser
andreas.wieser@graffenried.ch