Auswirkungen der Reform AHV 21
16.11.2023
Die Reform AHV 21 zeigt ihre Auswirkungen im Wesentlichen in zwei Hauptstossrichtungen: Der Anpassung des Referenzalters der Frauen und der Flexibilisierung des Altersrücktritts, die geschlechterunabhängig ist.
Anpassung des Referenzalters der Frauen und Ausgleichsmassnahmen
Das Referenzalter der Frauen wird in vier Schritten von jeweils drei Monaten auf 65 Jahre erhöht. Dies hat folgende Auswirkungen:
Die Erhöhung des Referenzalters wird für die Übergangsgeneration (Frauen mit den Jahrgängen 1961–1969) durch zwei Massnahmen abgefedert, nämlich mit einem lebenslangen Rentenzuschlag und mit tieferen Kürzungssätzen bei einem allfälligen vorzeitigen Rentenbezug.
Lebenslanger Zuschlag
Der Grundzuschlag hängt vom durchschnittlichen Jahreseinkommen der AHV ab. Dieses setzt sich zusammen aus dem Durchschnitt der Erwerbseinkommen, dem Durchschnitt der Erziehungsgutschriften und dem Durchschnitt der Betreuungsgutschriften aller AHV-Beitragsjahre.
Der Grundzuschlag beträgt CHF 160 für durchschnittliche Jahreseinkommen ≤ CHF 58'800; CHF 100 für durchschnittliche Jahreseinkommen von CHF 58'801–73'500; CHF 50 für durchschnittliche Jahreseinkommen ≥ CHF 73'501. Der individuelle Zuschlag wird nach Jahrgang abgestuft:
Der AHV-Rentenzuschlag unterliegt nicht der Plafonierung der Altersrente von verheirateten Paaren und wird über die Maximalrente hinaus ausbezahlt.
Tiefere Kürzungssätze bei vorzeitigem Bezug der AHV-Rente
Frauen der Übergangsgeneration haben einerseits die Möglichkeit, die AHV-Rente bereits ab 62 Jahren zu beziehen. Andererseits profitieren sie von einer weniger starken Rentenkürzung, abgestuft nach Einkommenshöhe und Jahrgang. Bei einem vorzeitigen Bezug der AHV-Rente entfällt indes der AHV-Rentenzuschlag.
Flexibilität beim Altersrücktritt
Flexiblere Bezugsmöglichkeiten
- Nach Inkrafttreten der Reform gilt sowohl für Frauen als auch für Männer das Referenzalter 65 Jahre. Mit Erreichen dieses Alters kann die AHV-Rente ohne Kürzung oder Zuschlag bezogen werden.
- Die Rente kann ab 63 Jahren vorbezogen und bis zum 70. Altersjahr aufgeschoben werden. Der Rentenvorbezug ist neuerdings auch in einem beliebigen Monat möglich. Der Rentenaufschub muss mindestens ein Jahr dauern, danach ist die versicherte Person frei, die AHV-Rente anzufordern.
- Auch bei der 2. Säule wird gesetzlich vorgesehen, dass sich die versicherten Personen vorzeitig pensionieren lassen können oder den Bezug der Altersleistungen aufschieben dürfen, sofern sie weiterhin erwerbstätig sind.
Möglichkeit von Teilpensionierungsschritten
- Mit Inkrafttreten der Reform ist es möglich, auch nur einen Teil der AHV-Rente vorzubeziehen oder aufzuschieben. Der Vorbezug oder Aufschub eines Teils der Rente muss mindestens 20 % und darf maximal 80 % betragen. Der Vorbezugs- oder Aufschubsanteil darf einmal angepasst, danach muss der verbleibende Rententeil ganz bezogen werden.
- Mit den neuen gesetzlichen Bestimmungen ist auch eine Kombination von Vorbezug und Aufschub der AHV-Rente möglich.
- Die Möglichkeit von Teilpensionierungsschritten wird im Zuge der Reform auch in der 2. Säule eingeführt.
Weitere Auswirkungen der Reform AHV 21
Weiterarbeit nach dem 65. Altersjahr wird attraktiver
- Wer nach Erreichen des Referenzalters erwerbstätig ist, muss auf dem erzielten Einkommen AHV-Beiträge entrichten. Bis anhin haben solche Beiträge nicht zu einer höheren AHV-Rente geführt.
- Mit Inkrafttreten der Reform können die nach Erreichen des Referenzalters geleisteten AHV-Beiträge für die Schliessung von Beitragslücken oder zur Erhöhung des durchschnittlichen Jahreseinkommens für die Rentenberechnung genutzt werden.
- Der bisherige Freibetrag von CHF 1’400/Monat gilt weiterhin. Jedoch wird neu die Möglichkeit eingeführt, auf den Freibetrag zu verzichten.
- Wer jedoch bereits mit Erreichen des Referenzalters die maximale AHV-Rente erhält, kann diese nicht weiter erhöhen.
Erhöhung der Mehrwertsteuer
Die Abstimmung über die Zusatzfinanzierung der AHV wurde mit einer Abstimmung über die Erhöhung der Mehrwertsteuer verknüpft. Per 1. Januar 2024 wird somit die Mehrwertsteuer erhöht.
Beschränkung von aufgeschobenen Bezügen von Freizügigkeitsleistungen
Der Bezug von Freizügigkeitsleistungen kann bis spätestens fünf Jahre nach Erreichen des Referenzalters aufgeschoben werden, wobei eine Erwerbstätigkeit nicht vorausgesetzt wird.
Mit Inkrafttreten der Reform AHV 21 wird ein Aufschub der Bezüge nach Erreichen des Referenzalters nur noch möglich sein, wenn die versicherte Person nachweist, dass sie weiterhin erwerbstätig ist.
Jedoch wird während einer Übergangsfrist von 5 Jahren noch die bisherige Regelung angewendet: Personen, die in den Jahren 2024–2029 ihre Altersleistungen beziehen müssten, weil sie das Referenzalter erreichen oder bereits überschritten haben, und die nicht mehr erwerbstätig sind, können die Auszahlung dieser Leistungen bis zum 31. Dezember 2029, höchstens aber fünf Jahre über das Erreichen des Referenzalters hinaus, aufschieben.
Lukas Stotzer
lukas.stotzer@graffenried-treuhand.ch