Neues zum Stiftungsrecht – Revision 2024 und Ausblick
13.06.2024
Am 17. Dezember 2021 verabschiedete das eidgenössische Parlament eine Stiftungsrechtsrevision, die am 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist. Die Revision bringt gewisse Erleichterungen und ein wenig mehr Flexibilität, doch die grosse Revolution im Sinne von Liberalisierung blieb aus.
Änderungsvorbehalt für Organisation
Hauptpunkt der Revision ist die Erweiterung der Stifterrechte, indem Stifter und Stifterinnen bei der Errichtung einer Stiftung in der Stiftungsurkunde neu auch einen Änderungsvorbehalt für Organisationsänderungen vorsehen können (Art. 86a nZGB). Seit dem 1. Januar 2006 bestand bereits die Möglichkeit, dass Stifter und Stifterinnen einen Änderungsvorbehalt zum Zweck anbringen konnten, der es ihnen erlaubt, den Zweck der Stiftung anzupassen oder zu ändern. Neu kann der Änderungsvorbehalt auch die Organisation erfassen (allein oder auch zusammen mit einer Zweckänderung). Dies erlaubt den Stifterinnen und Stiftern, weitreichend in die Geschicke einer Stiftung einzugreifen und diese selbst nach der Errichtung nach ihren Vorstellungen umzugestalten. So können Stifterinnen und Stifter beispielsweise neue Stiftungsorgane einsetzen oder bestehende aufheben, die Regeln für die Wahl oder Abwahl von Stiftungsorganen neu definieren oder die Anzahl der Stiftungsratsmitglieder ändern. Sämtliche Änderungsvorbehalte, ob diese nun den Zweck oder die Organisation betreffen, unterliegen den gleichen Restriktionen:
- Erstens ist das Änderungsrecht unvererblich und unübertragbar.
- Haben zweitens mehrere Personen eine Stiftung errichtet, so können sie Änderungen nur gemeinsam verlangen.
- Drittens können Zweck- oder Organisationsänderungen nur verlangt werden, wenn seit der Errichtung oder seit der letzten vom Stifter bzw. von der Stifterin verlangten Zweck- oder Organisationsänderung mindestens 10 Jahre verstrichen sind. Von dieser neuen, zusätzlichen Vorbehaltsmöglichkeit für Organisationsänderungen können nur neu errichtete Stiftungen profitieren.
Vereinfachungen für unwesentliche Änderungen
Die Revision des Stiftungsrechts bringt auch Vereinfachungen für die unwesentlichen Änderungen der Stiftungsurkunde, wie z.B. Präzisierungen beim Destinatärskreis bei einer Vergabestiftung oder Änderungen der Formalitäten bei stiftungsinternen Verfahrensabläufen (Art. 86b ZGB). Solche unwesentlichen Änderungen sind neu möglich, sofern dies aus sachlichen Gründen als gerechtfertigt erscheint und keine Rechte Dritter beeinträchtigt werden. Bisher wurden für solche Änderungen triftige sachliche Gründe verlangt. Im Weiteren wird auch klargestellt, dass es für die Änderung der Stiftungsurkunde nicht einer öffentlichen Beurkundung durch eine Notarin bzw. einen Notar bedarf; die Änderung erfolgt vielmehr durch eine Verfügung der Aufsichtsbehörde oder der zuständigen Bundes- oder Kantonsbehörde (Art. 86c ZGB).
Stiftungsaufsichtsbeschwerde
Schliesslich wurde für die Stiftungsaufsichtsbeschwerde eine ausdrückliche Rechtsgrundlage geschaffen (Art. 84 Abs. 3 ZGB). Das Gesetz nennt in einer abschliessenden Liste die beschwerdeberechtigten Personen. Darunter fallen Begünstigte oder Gläubiger der Stiftung, der Stifter, Zustifter sowie ehemalige und aktuelle Stiftungsratsmitglieder, die ein Interesse daran haben, dass die Verwaltung der Stiftung mit Gesetz und Stiftungsurkunde in Einklang steht.
Schweizer Trust und Schweizer Familienstiftung?
Im Dezember 2023 hat der Ständerat und im Februar 2024 der Nationalrat gegen die Einführung eines Schweizer Trusts entschieden und eine entsprechende Motion abgeschrieben. Mit dem parlamentarischen Tod des Schweizer Trusts wurde die Forderung erhoben, dass im Gegenzug die Schweizer Familienstiftung gestärkt werden soll, wie dies bereits Ständerat Thierry Burkart mit seiner Motion «Die Schweizer Familienstiftung stärken – Verbot der Unterhaltsstiftung aufheben» verlangt hat. Ziel der Motion ist, Art. 335 ZGB aufzuheben, so dass künftig auch Familienunterhaltsstiftungen möglich sein werden, die heute unzulässig sind. Ob diese Forderung politisch eine Chance haben wird, gilt es abzuwarten: «Affaire à suivre».
Christoph Zubler
christoph.zubler@graffenried-recht.ch