Die duale Rolle städtischer Zentren: Bern zwischen Tourismus und lokalem Leben
13.06.2024
Bern, von Touristinnen und Touristen geliebt und von Bernerinnen und Bernern gelebt, steht im Mittelpunkt einer Diskussion über die Zukunft seiner Altstadt. Der Einladung von BernCity und der Von Graffenried AG Liegenschaften zu einem Informationsabend im Bellevue Palace Grand Hotel Bern am 2. Mai 2024 folgten rund 110 Gäste, allesamt Eigentümerinnen und Eigentümer im Altstadtperimeter. Den Anwesenden wurde ein vertiefter Einblick in die Tourismusentwicklung und die zukünftige Vision der Stadt geboten.
Nachhaltige Tourismusentwicklung in Bern
Manuela Angst, CEO von Bern Welcome, betonte in ihrem Vortrag die Bedeutung einer nachhaltigen Tourismusentwicklung, um die Balance zwischen dem touristischen Interesse und dem lokalen Leben zu wahren. Bern verzeichnete 2023 über eine Million Logiernächte, wobei zwei Drittel der Gäste aus geschäftlichen Gründen die Stadt besuchten und ihre Reisen oft mit einem Wochenendaufenthalt verbunden haben. Diese Art von Tourismus, auch als Pleasure-Reisen bekannt, nimmt zu und wird in Bern positiv aufgenommen, da diese Besuchenden dazu neigen, lokale Produkte zu konsumieren und die Berner Kultur zu respektieren. Die Auszeichnung als UNESCO-Weltkulturerbe macht die malerische Altstadt zu einer beliebten Tourismusdestination, von der die Hotellerie, die Gastronomie, der Detailhandel, der öffentliche Verkehr und letztlich der gesamte Kanton profitieren. Dennoch warnte Manuela Angst vor den potenziellen negativen Auswirkungen des Tourismus, wie steigende Preise, zunehmende Umweltverschmutzung und der Verlust lokaler Identität. Bern sei, anders als Schweizer Städte wie Luzern oder Interlaken, jedoch noch weit entfernt vom bedrohlichen Massentourismus und benötige derzeit keine regulierenden Massnahmen. Zusammenfassend überwiegen für Manuela Angst die Chancen des Tourismus, wobei es Ziel sein muss, die Berner Altstadt als einen lebendigen Ort für Anwohnende zu erhalten.
Manuela Angst, CEO von Bern Welcome
Podiumsdiskussion
Franziska Hügli von Hügli Consulting eröffnete nach Manuela Angsts Einführung eine Podiumsdiskussion mit Vertretern von BernCity, Von Graffenried AG Liegenschaften und Bern Welcome. Michael Friedli, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Von Graffenried AG Liegenschaften, betonte die Bedeutung eines qualitätsorientierten Tourismus für Bern, der ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Bedürfnissen der Touristinnen und Touristen und jenen der Einwohnerinnen und Einwohner ermöglichen würde. Anna Bähni, Co-Geschäftsführerin von BernCity, sprach über den Balanceakt, die Berner Altstadt nicht zu einem Museum werden zu lassen und gleichzeitig einer Übernutzung entgegenzuwirken. Die Dynamik und Nutzung einer Stadt verändern sich mit der Zeit; so habe sich zum Beispiel die Rathausgasse in den letzten Jahren zu einer wahren Gastronomiegasse entwickelt. Solche Veränderungen seien normal, jedoch bedürfe es begleitend einer guten Kommunikation.
Anna Bähni, Co-Geschäftsführerin von BernCity
Die Diskussion beleuchtete auch Fragen zur kommerziellen Nutzung der Altstadt, zur Entwicklung des Einzelhandels und der Büroflächen sowie zur Parkplatzsituation. Trotz der steigenden Konkurrenz durch den Onlinehandel betonten die Diskussionsteilnehmenden die Notwendigkeit eines vielfältigen und attraktiven Angebots in der Altstadt. Leere Schaufenster gelte es unbedingt zu vermeiden und stattdessen besser Zwischennutzungskonzepte zu realisieren. Der starke Onlinehandel drücke teils die Mietzinse für Ladenflächen, anders sei es jedoch bei Büroflächen in der Innenstadt. Diese seien anders als noch vor ein paar Jahren sehr begehrt und wären leicht zu vermieten.
Michael Friedli, Vorsitzender der Geschäftsleitung der
Von Graffenried AG Liegenschaften
Fazit
Um eine nachhaltige Tourismusentwicklung zu gewährleisten, sind enge Partnerschaften zwischen der Stadt Bern, den Tourismusorganisationen und der Bevölkerung unerlässlich. Bern strebt danach, die Chancen des Tourismus zu nutzen, während es gleichzeitig die Herausforderungen angeht, um das besondere Lebensgefühl der Stadt zu bewahren und ein harmonisches Zusammenleben von Einheimischen und Reisenden zu ermöglichen.
Aimée Grimm
aimee.grimm@graffenried-liegenschaften.ch