Neues beim Prozessieren – Revision der Zivilprozessordnung

Recht

13.03.2025

Am 1. Januar 2025 ist eine Teilrevision der Zivilprozessordnung in Kraft getreten. Diese will die Praxistauglichkeit verbessern und den Zugang zu Gerichten und damit die Rechtsdurchsetzung im Privatrecht erleichtern.

Am 1. Januar 2011 ist die erste eidgenössische Zivilprozessordnung (ZPO) in Kraft getreten und hat die verschiedenen kantonalen Rechtsordnungen im Zivilprozessrecht abgelöst. Damals bestand erstmals eine gesamtschweizerisch einheitliche Regelung für die Führung von Zivilprozessen. 14 Jahre später, am 1. Januar 2025, ist nun die erste grössere Revision in Kraft getreten.

Die ZPO hat sich in den 14 Jahren seit ihrer Einführung grundsätzlich bewährt und allgemein als praxistauglich erwiesen. Die mit der ZPO verbundene Rechtsvereinheitlichung erleichtert den Zugang zum Zivilrecht in der Schweiz, auch wenn es zunächst einige Zeit dauerte, bis sich die Gerichte und Rechtsanwendenden an die neuen Regeln gewöhnt hatten. Ziel der Revision ist es, einige Schwachpunkte zu eliminieren, die Praxistauglichkeit zu verbessern und Gerichtsverfahren einfacher, schneller und kostengünstiger zu gestalten. Den Bürgerinnen und Bürgern soll der Zugang zum Gericht und damit die Rechtsdurchsetzung im Privatrecht erleichtert werden. Die Neuerungen betreffen vor allem Prozesskosten, Fristen, Beweismittel, das Schlichtungsverfahren und die sogenannte Novenschranke, also die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt Tatsachen und Beweise im Verfahren geltend gemacht werden können.

Einer der wichtigsten Revisionspunkte betrifft den Abbau von Kostenschranken sowie die Reduktion des Kostenrisikos für die klagende Partei.

  • Bis anhin hielten hohe Prozesskostenvorschüsse namentlich Personen des Mittelstandes davon ab, ihre Ansprüche auf dem Gerichtsweg geltend zu machen und durchzusetzen. Die Höhe der Gerichtsgebühren ist zwar weiterhin Sache der Kantone, doch sieht die revidierte ZPO neu vor, dass ab 1. Januar 2025 die Gerichte neu nur noch Vorschüsse für maximal die Hälfte der voraussichtlichen Gerichtskosten verlangen dürfen; bis Ende 2024 durften die Kantone von der klagenden Partei die vollen Gerichtskosten als Vorschuss verlangen. Mit der Halbierung der Gerichtskostenvorschüsse sollen künftig auch Personen, die nicht in den Genuss der unentgeltlichen Rechtspflege kommen, ihre Ansprüche tatsächlich vor Gericht geltend machen können. Diese neue Regelung gilt aber nicht für alle Verfahren, namentlich nicht für das Schlichtungsverfahren und das Rechtsmittelverfahren (z. B. für ein Berufungsverfahren vor Obergericht).
     
  • Mit der neuen, ab 1. Januar 2025 geltenden Liquidation der Gerichtskosten am Ende des Verfahrens soll zudem das bisherige Kostenrisiko für die klagende Partei reduziert werden. Bis Ende 2024 konnte die klagende Partei im Falle des Obsiegens die Gerichtskosten, die sie vorschiessen musste, ausschliesslich bei der Gegenpartei zurückfordern. Ist die Gegenpartei aber zahlungsunfähig, so muss die klagende Partei die Gerichtskosten trotz gewonnenem Verfahren selber tragen. Ab 1. Januar 2025 fällt dieses Risiko weg. Für die Gerichtskosten muss sich das Gericht neu ausschliesslich an die unterliegende Partei halten, so dass die klagende Partei beim Obsiegen den Gerichtskostenvorschuss vom Gericht zurückerhält. Das Inkasso- bzw. Bonitätsrisiko trägt neu der Staat.


Mit diesen beiden Punkten wird der weit verbreiteten Kritik am sogenannten Kostenrecht Rechnung getragen.

Eine weitere zentrale Neuerung betrifft das Beweisrecht. Bisher hatten Privat- und Parteigutachten aufgrund der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung keine Beweismittelqualität; diese kam nur vom Gericht in Auftrag gegebenen Expertisen zu. Neu werden Privat- und Parteigutachten als zulässige Beweismittel anerkannt, auch wenn sie der freien Beweiswürdigung durch das Gericht unterliegen.

Diese Änderung ist zu begrüssen, da die im Gesetz vorgesehene vorsorgliche Beweisführung – d. h. die Möglichkeit, auch gegen den Willen der Gegenpartei ein gerichtliches Gutachten zu erstellen – sich häufig nicht als praxistauglich erwiesen hat, und zwar aufgrund der langen Verfahrensdauer und der hohen Kosten.

Christoph Zubler
christoph.zubler@graffenried-recht.ch