Stiftungsinfo Juni 2020

Kompetenz-zentrum Stiftungen

26.06.2020

Die letzten Wochen haben uns alle stark durchgeschüttelt. Auch der gemeinnützige Sektor ist betroffen. Die Stiftungen und Vereine sind in allen Bereichen stark gefordert.

Auf der einen Seite haben die Gesuche betreffend finanzielle Unterstützung zugenommen, auf der anderen Seite sind jedoch die Finanzerträge bei den unterstützenden Organisationen auf Grund der Unsicherheit an den Finanzmärkten und hinsichtlich Gewinnerwartungen bei Unternehmen stark zurückgegangen. Diese Gratwanderung zwischen Förderung Dritter und eigenem Krisen- und Liquiditätsmanagement hat die Stiftungsräte und Vorstände sehr beschäftigt und wird auch in den nächsten Monaten noch nachwirken. In solchen Situationen können bestehende Prozesse und Instrumente im Management von Organisationen helfen, möglichst rasch zur Normalität zurückzufinden.


WISSEN AKTUELL - Management-Tools für NPO

Management-Tools werden oftmals als nicht notwendig erachtet, weil Gremien aus der Erfahrung heraus – und das in guter Qualität – agieren. In Krisensituationen zeigt sich jedoch, dass bestehende Instrumente unterstützen können. Deshalb werden sich Vorstände und Stiftungsräte mit dem Überstehen der Krise Gedanken machen, wie sie brach liegende Prozesse aktivieren können. Beispielhaft können folgende Instrumente er- oder überarbeitet werden:

Risikomanagement

Ein Risikomangement ist nicht für alle Stiftungen und Vereine Pflicht. Das Risiko dieser Pandemie war in den meisten Fällen wohl auch nicht im kritischen Bereich der Risikomatrix. Allerdings hat ein gut geführter Risikomanagement-Prozess sicher zur Sensibilisierung einiger Stiftungsräte geführt, und die eine oder andere Massnahme zur raschen Umsetzung konnte abgerufen werden.

Vergabekriterien

Vergabekriterien konkretisieren den Stiftungszweck und können die Wirkung bei den Projekten verstärken. Wenn genügend Mittel zur Verteilung vorhanden sind, werden die Vergabekriterien zu Gunsten der gemeinnützigen Tätigkeit oft grosszügig ausgelegt. Bei einer Anhäufung von Gesuchen sind diese Kriterien sowie auch der Prozess dazu eine grosse Unterstützung, um in schwierigen Zeiten eine fokussierte Entscheidung treffen und dies den Gesuchstellenden auch fair und transparent kommunizieren zu können.

Stellvertretungsregelung

Bei einem Ausfall einer Schlüsselperson stehen die Prozesse plötzlich still. Deshalb soll man schon in stabilen Phasen klären, was in Ausnahmesituationen gilt. Die Stellvertreter sind auch entsprechend darauf vorzubereiten, zum Beispiel durch regelmässige Informationen über das entsprechende Ressort. Auch die Unterschriftenregelung ist so anzupassen, dass auch bei Ausfall einer Person eine Weiterführung des Betriebes möglich ist.

Liquiditätsplanung

Viel zu selten werden zum Beispiel in Vergabestiftungen Liquiditätspläne erstellt. Eine Liquiditätsplanung kann jedoch das Überleben sichern. Auch wenn in normalen Jahren die üblichen Einnahmen und Ausgaben verbucht werden können, so ist in Krisensituationen alles anders. Da hilft ein Gerüst, an dem man sich orientieren kann – wenn auch die Zahlen rasch ändern.

Anlagestrategie

Die starken Schwankungen an der Börse verleiteten einige Anleger zu unüberlegten Handlungen. Da ist es zentral, wenn eine langfristig orientierte Anlagestrategie vorhanden ist, die auch heftige Stürme übersteht. Die Entwicklung dieses Tools benötigt Zeit und Ressourcen. Aus der Sicht der Organisation stärken solche Prozesse andererseits gleichzeitig das Führungsgremium und die Kultur.

Neue Möglichkeiten

In Ausnahmesituationen werden neue Möglichkeiten entdeckt. Dies konnte auch das Kompetenzzentrum Stiftungen erkennen und den von ihm betreuten Organisationen zur Seite stehen. Beispielsweise haben Online-Sitzungen bestens funktioniert, wenn auch zu Beginn verständliche Befürchtungen im Raum standen. Mit etwas Übung und Verständnis konnten so auch zentrale Beschlüsse trotz physischer Distanz gefällt werden. Es besteht jetzt sogar die Bereitschaft, sich einen höheren Sitzungs-Rhythmus zu überlegen, ohne dass Mitglieder von Gremien grosse Reisedistanzen auf sich nehmen müssen. Diese zusätzlichen virtuellen Sitzungen können gleichzeitig dazu eingesetzt werden, dass die Gremien stärker im Geschäft involviert werden und so ihre Verantwortung noch besser wahrnehmen können. Dank der gestärkten Kompetenz der Bevölkerung in Sachen Digitalisierung ist in Verbindung mit virtuellen Treffen die Möglichkeit eines straffen Online-Gesuch- und Entscheidungsprozesses eine Option.

Instrumenten-Check

Das Kompetenzzentrum Stiftungen unterstützt Sie gerne mit einer Überprüfung inklusive Handlungsempfehlungen bezüglich der bestehenden und allenfalls notwendigen Tools.
stiftungen@graffenried-recht.ch


INTERVIEW - Beatrice Conrad, Stiftungsratspräsidentin SV Stiftung

Die SV Stiftung ist die Hauptaktionärin der SV Group AG. Sie engagiert sich dafür, der breiten Bevölkerung Ernährungsthemen näher zu bringen und ihr ausgewogenes und zugleich preiswertes Essen zu ermöglichen.

Was war in dieser Zeit für Sie besonders herausfordernd?
Die SV Group ist in allen Geschäftsbereichen von der Covid19-Pandemie hart getroffen worden. Dies hat einen direkten Einfluss auf unsere Tätigkeit. Denn die SV Stiftung unterstützt Projekte mit der Dividende, die sie als Hauptaktionärin der SV Group erhält. Wegen der wirtschaftlichen Krise standen wir vor der Herausforderung, mit begrenzten Mitteln den Stiftungszweck zu erfüllen.

Wie sind Sie diese Herausforderung angegangen?
Die SV Stiftung hat ein Corona-Soforthilfebudget beschlossen, um damit Projektträger auch in der Krise kurzfristig und effizient unterstützen zu können. Mit dem Soforthilfebudget konnten wir unbürokratisch die wichtigsten Unterstützungsleistungen erbringen.

Mit dem Lockdown war klar, dass einige Projekte nicht mehr stattfinden können. Dank einer unkomplizierten Kommunikation mit unseren Projektpartnern gelang es, zeitnah das Ausmass der Betroffenheit einzelner Projekte einschätzen zu können. Zudem war und ist ein regelmässiger Austausch mit dem Verwaltungsratspräsidenten der SV Group nötig, um das Ausmass der Folgen des Lockdowns richtig einschätzen zu können. Die gelebte Governance hat viel dazu beigetragen, die Krise zu meistern.

Was nehmen Sie persönlich und für die Stiftung mit aus dieser Krise?
Die Krise hat – bei allen negativen Auswirkungen – in meiner persönlichen Erfahrung auch Chancen geboten: Etwa, das hohe Tempo der Alltagshektik vorübergehend etwas zu drosseln. Oder die Chance, vermehrt über Themen wie Nachhaltigkeit und unseren Umgang mit Ressourcen nachzudenken. Ich hoffe, dass unser Bewusstsein für das Sorgetragen zu Mensch und Natur durch die Krise noch wächst. Und ich bin überzeugt, dass aus der Krise auch das eine oder andere neue Projekt entstehen kann.

Weitere Informationen unter: www.sv-stiftung.ch